Schlagwort-Archiv: Welt

Kalenderblatt
5. Dezember

Am Rande der Welt

Morgenbild vom 5. Dezember
“Am Rande der Welt”

“On the brink of the world”
“Al borde del mundo”

Acryl, Acrylpaste auf Aquarellbütten ca. 21 x 15 cm

In „Am Rande der Welt“ verdichtet sich die Energie eines Augenblicks zu einem vibrierenden Spannungsfeld aus Farbe, Struktur und Richtung. Das Bild offenbart eine Landschaft, die weniger geographisch als seelisch ist, ein Grenzraum, in dem sich das Bekannte erschöpft und das Unbekannte zu flimmern beginnt. Die eruptiven Rot- und Orangetöne wirken wie ein aufgewühltes Erdreich, ein brodelnder Teppich aus Bewegung, Hitze und innerer Dringlichkeit. Dazwischen ragen scharfkantige Formen empor, als würden sich alte Geschichten, Erinnerungen oder innere Widerstände aus der Tiefe erheben und nach Ausdruck verlangen.

Dem gegenüber steht das strahlende Gelbband, das wie ein Riss im Horizont erscheint, ein Aufbruch, eine Öffnung, ein verheißungsvoller Lichtstreifen zwischen den Welten. Durch diesen Farbraum schneidet die helle diagonale Linie: ein Impuls der Klarheit, ein Zielpunkt, ein Wegweiser, der unerwartet auftaucht und unmissverständlich nach vorn weist. Sie wirkt wie ein Moment der Erkenntnis, der alles ordnet, was zuvor chaotisch gewesen sein mag.

Im oberen Bereich ziehen sich kratzige, strukturierte Linien über das dunklere Gelbgrün. Sie erinnern an Wind, der über eine karge Ebene streicht, oder an Gedanken, die sich in feinen Schichten übereinanderlegen. Hier ruht die Stimmung, doch sie ist aufgeladen, durchzogen von leiser Spannung und Erwartung.

So erzählt das Werk von einem Übergang: von der Hitze eines gelebten Lebens in die Weite eines neuen Bewusstseins. Es feiert den Mut, am Rand der eigenen Welt zu stehen, dort, wo der Boden zittert und das Licht durchbricht und genau in diesem Moment zu erkennen: Der Rand ist in Wahrheit der Anfang.

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Kalenderblatt
3. November

Welt der Abgrenzung

Kalenderblatt vom 3. November
“Welt der Abgrenzung”
“World of demarcation”
“El mundo de la demarcación

Tusche auf Zeichenpapier ca. 15 x 21 cm

Der Titel öffnet ein Spannungsfeld zwischen Nähe und Distanz, zwischen dem Drang nach Verbindung und der Notwendigkeit, Grenzen zu ziehen. Das Bild entfaltet sich wie ein visuelles Geflecht aus Linien, Strömungen und Barrieren, in dem Ordnung und Chaos in ständiger Bewegung aufeinandertreffen. Die Tuschelinien, teils filigran, teils kraftvoll und eruptiv, wirken wie die topografischen Linien innerer Landschaften, ein seelisches Kartenwerk, das Orientierung sucht und zugleich das Unbekannte umarmt.

Die rote Fläche bricht als energetischer Kontrapunkt hervor, sie ist das pulsierende Zentrum des Bildes, das emotionale Herz. Hier scheint das Leben selbst zu lodern: Leidenschaft, Wut, Lebenskraft und Verletzlichkeit verdichten sich zu einem vibrierenden Raum, der alles um ihn herum in Bewegung setzt. Gegen dieses Rot stemmen sich die schwarzen Linien, als wollten sie Einhalt gebieten, Strukturen schaffen, Kontrolle zurückgewinnen. Doch die Grenzen bleiben durchlässig. Das Rot sickert hindurch, fordert sein Recht auf Präsenz.

So erzählt dieses Werk von der Dialektik des Menschseins: von der Sehnsucht nach Klarheit und der gleichzeitigen Angst vor Auflösung. Es ist ein Bild, das die innere Zerrissenheit einer Welt im Wandel spürbar macht, einer Welt, in der jede Abgrenzung zugleich Schutz und Verlust bedeutet. „Welt der Abgrenzung“ ist kein stilles Bild. Es atmet, pulsiert, fordert heraus, ein Spiegel innerer Spannungen, die wir alle kennen, und ein Aufruf, sie nicht zu verdrängen, sondern bewusst zu gestalten.

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