Schlagwort-Archiv: Traum

Kalenderblatt
12. November

Der Traum von einem Abend am Meer

Kalenderblatt vom 12. November
“Der Traum von einem Abend am Meer”
“The dream of an evening at the sea”
“Un sueño d’una tarde al mar”

Acryl, Acrylpaste, Pigment auf Aquarellbütten ca. 15 x 21 cm

Der Titel trägt eine leise Sehnsucht in sich, die in diesem Bild mit eindrucksvoller Intensität zum Ausdruck kommt. Ein goldener Sonnenball sinkt majestätisch in das Meer, sein Licht durchdringt den Horizont und taucht Himmel und Wasser in ein flammendes Spektrum aus Rot, Orange und Gelb. Es ist der Moment zwischen Tag und Nacht, zwischen Realität und Traum,  jener magische Augenblick, in dem die Welt den Atem anhält.

Ich habe die Oberfläche mit Acrylpaste und Pigmenten bearbeitet, wodurch eine haptische Tiefe entsteht, die das Meer lebendig macht. In den bewegten, goldschimmernden Wellen scheinen sich Erinnerungen, Emotionen und ferne Träume zu spiegeln. Das Meer wird hier nicht als bedrohliche Kraft dargestellt, sondern als Sinnbild des Unbewussten, als weite, fließende Landschaft der Seele.

Der goldene Glanz verweist auf innere Fülle, Wärme und Erleuchtung,  vielleicht auf einen Moment des Friedens nach stürmischen Zeiten. Zugleich liegt in der Komposition ein stiller Dialog zwischen Vergänglichkeit und Ewigkeit: Die Sonne wird versinken, doch ihr Licht bleibt, so wie die Spuren unserer Träume in uns nachleuchten, lange nachdem die Nacht hereingebrochen ist.

„Der Traum von einem Abend am Meer“ ist kein realistisches Abbild, sondern ein inneres Bild, eine poetische Verdichtung aus Farbe, Struktur und Gefühl. Es lädt dazu ein, still zu werden, zu spüren und sich selbst im Wellenrauschen der Seele zu erkennen.

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Kalenderblatt
28. September

Frau Surbier ist irritiert. Im Traum verfolgt sie ein Engel

Kalenderblatt vom 28. September
“Frau Surbier ist irritiert. Im Traum verfolgt sie ein Engel”
“Ms. Surbier is irritated. An angel is persecuting her in the dream”
“Doña Surbier está confundido. Un angelo esta persiguiendola en el sueño”

Tusche auf Aquarellpapier ca. 15 x 21 cm

Bereits der Titel öffnet einen Raum, in dem wir uns zwischen Ironie, Poesie und metaphysischem Aufruhr bewegen. Das Blatt in Tusche auf Aquarellpapier wirkt auf den ersten Blick leicht, skizzenhaft, fast beiläufig hingeworfen und doch ist es genau diese scheinbare Flüchtigkeit, die den Sog erzeugt.

Spontan tauchen Emotionen von Verwunderung, Irritation und leiser Heiterkeit auf. Man spürt zugleich eine Unruhe, ein Knistern zwischen einem unsichtbaren Drängen und einem feinen Widerstand. Die Atmosphäre ist lebendig und träumerisch, aber sie kippt immer wieder ins Dramatische, so als würde ein unsichtbares Gewicht auf den federleichten Linien lasten.

Die Geschichte, die hier aufscheint, ist die einer Frau, die sich in den Abgründen ihrer Träume bewegt. Der Engel – traditionell Symbol für Schutz, Licht, das Göttliche – wird hier zum Verfolger, zum bedrohlich Schönen, der sich nicht abweisen lässt. In dieser Verdrehung des Bekannten entsteht die Magie: das Licht als Last, die Geborgenheit als Verunsicherung. Jeder Strich stellt die Frage: Was, wenn das, was mich erlösen soll, mich zugleich beunruhigt?

Das Werk erlaubt viele Deutungsebenen: emotional berührt es das Gefühl von Zerrissenheit zwischen Hingabe und Widerstand; spirituell lässt es an die Dialektik zwischen göttlicher Nähe und menschlicher Angst denken; sozial könnte es als Kommentar verstanden werden, wie die Gesellschaft mit „Engeln“, seien es Autoritäten, Ideologien oder Heilsversprechen, umgeht; politisch mag es gar die Frage aufwerfen, ob jede Form von „Verfolgung im Namen des Guten“ nicht immer auch eine Form der Unterdrückung bleibt.

Das Bild selbst stellt provozierende Fragen: Ist Irritation nicht der erste Schritt zu Erkenntnis? Brauchen wir den Engel, der uns verfolgt, damit wir überhaupt in Bewegung kommen? Und: Wo endet der Traum, wo beginnt die Realität?

Die Originalität des Werkes liegt nicht in einer spektakulären Form, sondern in der Verkehrung des Erwarteten. Das Vertraute, Engel, Linien, Symbole,  wird in ein neues Spannungsverhältnis gesetzt. Dadurch fühlt sich das Blatt zugleich vertraut und radikal neu an, als sei es ein Fragment aus einem Traum, den man selbst schon einmal hatte, aber nie so klar greifen konnte.

Gerade in seiner Reduktion auf wenige Striche entfaltet dieses Werk die ganze Kraft des Beuys’schen Prinzips der Energie: die Linie ist nicht Dekoration, sie ist Handlung, sie ist Schicksal. Dieses Bild ist kein stilles Objekt, es ist ein Prozess, eine Bewegung, ein Ringen. Wer es besitzt, holt sich nicht bloß ein Kunstwerk ins Haus, sondern ein Stück lebendige Frage, die jeden Tag neu gestellt wird.

Das Sammlerstück fordert heraus, rührt an, irritiert und genau deshalb wird es nicht verblassen. Es ist ein Gesprächspartner, ein Spiegel, ein Engel im eigenen Raum.

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