
Kalenderblatt vom 24. September
“Herbstliche Aussichten”
“Autumnal Perspectives”
“Perspectivas otoñales”
Acryl, Acrylpaste, Glitter auf Aquarellbütten ca. 21 x 15 cm
“Herbstliche Aussichten” ist kein Bild, das sich mit einem flüchtigen Blick entschlüsseln lässt, es fordert den Betrachter heraus, tiefer einzutauchen. Schon die erste Begegnung löst ein Gefühl von intensiver Lebendigkeit und innerer Bewegung aus. Die kräftigen Kontraste zwischen den warmen, leuchtenden Orange- und Gelbtönen und den dunklen, beinahe schweren Schwarz- und Braunschichten schaffen eine Atmosphäre, die zugleich dramatisch und melancholisch wirkt. Man spürt förmlich das Knistern des Herbstes: die letzten Strahlen goldenen Lichts, die durch die sich schließenden Vorhänge der Dunkelheit brechen.
Die Komposition erinnert an ein Fenster in eine andere Wirklichkeit. Durch die dunklen Balken hindurch sieht man das Glühen der Farben wie flackernde Herbstblätter, als ob die Natur ihre letzte große Inszenierung vor dem Winter aufführt. Das Bild stellt damit nicht nur die vergängliche Schönheit der Jahreszeit dar, sondern auch die tiefe, existentielle Frage: „Was bleibt, wenn das Licht schwindet?“
Gleichzeitig eröffnet das Werk verschiedene Deutungsebenen. Emotional berührt es den Kern unserer Sehnsucht nach Wärme und Geborgenheit inmitten von Abschied und Wandel. Spirituell könnte es als Symbol für Übergänge gelesen werden, der Herbst als Metapher für innere Reife und Loslassen. Sozial oder politisch ließe sich das Bild als Spiegel unserer Zeit verstehen: helles Potenzial, eingeschlossen von dunklen Strukturen, das dennoch seinen Weg nach außen sucht.
Die Verwendung von Acrylpaste und Glitter gibt dem Werk eine haptische Tiefe und geheimnisvolle Reflexion, die den Eindruck verstärken, dass sich hinter den dunklen Schichten ein verborgenes Leuchten befindet. Es ist, als ob das Bild den Betrachter einlädt, selbst durch diese „Balken“ hindurchzuschauen, über das Offensichtliche hinaus, hinein in das Verborgene.
Die Stimmung passt auf eindrucksvolle Weise zur Intention, die der Titel andeutet: Aussichten sind nicht nur ein Blick nach draußen, sondern auch ein Blick nach innen. Das Bild stellt Fragen, die jeder Betrachter für sich beantworten muss: „Wo finde ich mein eigenes Licht? Welche Farben tragen mich durch die dunklen Zeiten? Was sehe ich, wenn ich durch die Begrenzungen meines Lebens blicke?“
Dieses Werk ist weit mehr als eine herbstliche Impression, es ist ein emotionales Fensterbild, ein Spiegel des Übergangs und ein Symbol für Hoffnung im Wandel. Wer es besitzt, holt sich nicht nur Farbe an die Wand, sondern auch eine tägliche Erinnerung daran, dass selbst im Abschied das Leuchten niemals ganz erlischt.