Kalenderblatt
22. September

Die Einsamkeit der Sonne am Firmament

Kalenderblatt vom 22. September
“Die Einsamkeit der Sonne am Firmament”
“The loneliness of the sun in the sky”
“La soledad del sol al firmamento”

Tusche, Aquarell auf Aquarellpapier ca. 15 x 21 cm

Bereits beim ersten Anblick entfaltet das Bild eine Atmosphäre zwischen melancholischer Stille und kraftvoller Strahlung. Der glühende Sonnenball in warmen Rot- und Orangetönen scheint erhaben und zugleich verletzlich, während die schwarz-weißen Tuscheschwünge eine vibrierende, fast unruhige Welt darunter erschaffen. Es ist ein Werk, das sofort Fragen stellt: Ist die Sonne wirklich einsam, oder spiegelt sie nur unsere eigene Sehnsucht nach Nähe und Verbundenheit wider?

Die Symbolik eröffnet viele Ebenen: Emotional erinnert das Bild an Momente, in denen wir uns trotz unserer Lebendigkeit isoliert fühlen und doch weiterleuchten. Spirituell kann die Sonne als Sinnbild für das unerschütterliche innere Licht gelesen werden, das unabhängig von äußeren Umständen beständig scheint. Sozial verweist sie auf die paradoxe Einsamkeit inmitten einer pulsierenden Welt: das Individuum, das in der Menge unterzugehen droht und doch seine eigene Strahlkraft behauptet. Politisch ließe sich die Arbeit gar als Sinnbild für Isolation und Abgrenzung deuten, für das Alleinsein einer Macht im Raum globaler Bewegungen.

Die vermutete Intention,  die Einsamkeit einer Sonne, die zwar alles durch ihre Wärme belebt, jedoch selbst allein bleibt,  passt stimmig zur Stimmung des Werkes. Die Spannung zwischen den klaren, fast grafischen Linien und der emotional aufgeladenen Farbkugel verstärkt diesen Eindruck. Das Werk wirkt wie ein stilles Gleichnis für das Geben ohne Erwartung, für die Kraft der Präsenz trotz innerer Leere.

Originell ist dieses Bild vor allem in seiner Kombination: Der klassische Archetyp der Sonne wird mit abstrakten, ornamentalen Tuschestrukturen verflochten, die weniger an Landschaft erinnern, sondern an Energien, Schwingungen oder Gedankenfelder. Es ist weder ein vertrautes Naturbild noch eine rein abstrakte Komposition, sondern ein Hybrid, der den Betrachter bewusst irritiert und dadurch fesselt.

Und so bleibt die wichtigste Frage, die das Bild an dich richtet: Wo in deinem Leben fühlst du dich wie diese Sonne, strahlend und gebend, und doch manchmal allein? Vielleicht antwortet dein Herz: In dieser Einsamkeit liegt keine Schwäche, sondern eine stille Größe.

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