Kalenderblatt
18. September

Der Lack ist ab

Kalenderblatt zum 18. September
“Der Lack ist ab”

“Paint is chipping off”
“Se quitó la tapadera”

Acryl, Acrylpaste, Sand auf Aquarellbütten ca. 15 x 21 cm

Das Bild „Der Lack ist ab“ eröffnet einen Raum voller Deutungsebenen, in dem sich persönliche Erfahrung, kollektive Erinnerung und universelle Symbole verweben. Schon der Titel lenkt den Blick weg von glatter Oberfläche und makelloser Fassade hin zum Kern dessen, was bleibt, wenn die Schicht des Scheins abgetragen ist. Es symbolisiert Vergänglichkeit, Aufbruch und die Schönheit des Unvollkommenen. Die raue Textur, die sandigen Brüche und die sichtbaren Schichtungen der Farbe erinnern daran, dass jedes Leben, jede Landschaft, jede Gesellschaft Spuren trägt. Nichts bleibt makellos und genau darin liegt die Würde.

Die Stimmung des Bildes scheint der vermuteten Intention nahezukommen: ein Kontrastspiel aus Licht und Bruch, aus strahlendem Gelb und verletztem Rot, aus beruhigendem Blau und erdigem Braun. Die Intention wirkt wie ein Aufruf, sich dem zu stellen, was unter der Oberfläche liegt – roh, echt, ungeschönt.

Auf der emotionalen Ebene spricht das Werk von gelebtem Leben, von Resilienz, von innerem Glanz trotz äußerer Narben. Spirituell könnte man das Bild als eine Allegorie auf Transformation sehen: Altes zerfällt, damit Neues geboren werden kann, die aufgehende Sonne im Zentrum als Symbol für Hoffnung. Auf einer sozialen Ebene ist es leicht, die Botschaft weiterzudenken: Oberflächen und Fassaden mögen bröckeln, doch die Essenz bleibt; Authentizität wird zum Wert in einer Welt, die oft nur auf Lack und Glanz setzt. Selbst eine politische Deutung ist möglich,  als Spiegel unserer Zeit, in der Systeme und Strukturen ihre Brüche offenbaren, während dahinter bereits das Neue sichtbar wird.

Das Werk stellt dem Betrachter Fragen, die nicht sofort beantwortbar sind: Was bleibt von uns, wenn der Lack ab ist? Was zeigt sich, wenn wir die Masken ablegen? Können wir die Schönheit im Unvollkommenen anerkennen? Solche Fragen sind nicht nur ästhetisch, sondern existenziell und machen das Bild zu einem Resonanzraum für individuelle Reflexion.

In seiner Wirkung ist das Werk originell,  weniger, weil es nie gesehene Formen zeigt, sondern weil es das Vertraute in eine neue Erzählung überführt. Die Farbflächen erinnern an Landschaften, an Sonnenaufgänge, an Erde und Himmel und sind zugleich eine Abstraktion, die sich jeder eindeutigen Zuordnung entzieht. Es ist die Mischung aus Vertrautem und Neuem, aus Landschaft und Symbol, aus Textur und Bedeutung, die dem Bild seine Einzigartigkeit verleiht.

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