
Das Kalenderblatt zum 2. Oktober
“Das verborgene Lied der unsichtbaren Vögel“
“The Hidden Melody of the Invisible Birds”
“El canto secreto de los pájaros invisibles”
Wenn man dieses Bild zum ersten Mal sieht, geschieht etwas Unerwartetes: Es ist, als ob ein unsichtbarer Flügelschlag die Luft zerteilt, ein kaum hörbares Lied den Raum erfüllt. Man spürt sofort eine innere Bewegung, eine Einladung, tiefer hinzusehen, über das Offensichtliche hinaus.
Die Farben sind reduziert, doch gerade diese Reduktion öffnet eine Bühne für die stille Dramatik des Werkes. Die dunklen, geschwungenen Linien erinnern an Schwingen, an eine unsichtbare Kraft, die zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit schwebt. Das sanfte Gelb, wie ein versteckter Sonnenstrahl, bringt eine zarte Hoffnung hinein, fast wie das Aufblitzen einer Wahrheit, die nicht vollständig greifbar ist.
Die Atmosphäre oszilliert zwischen ruhiger Kontemplation und geheimer Lebendigkeit. Man könnte sagen: ein Tanz im Verborgenen. Wer länger hinsieht, spürt, dass dieses Werk Fragen stellt, statt Antworten zu geben: Welche Stimmen verbergen sich im Unsichtbaren? Welche Melodien begleiten uns, ohne dass wir sie hören?
Spirituell betrachtet erzählt das Bild von einer Welt hinter der Welt, einer Sphäre, in der unsichtbare Vögel singen, deren Lieder nicht für die Ohren, sondern für die Seele bestimmt sind. Emotional gesehen ruft es Sehnsucht hervor: nach dem Ungreifbaren, dem Unendlichen, dem, was wir ahnen, aber nie ganz benennen können. Symbolisch ließe sich sagen: Es ist ein Bild für den Zwischenraum des Lebens, für die Übergänge, die Verwandlungen, die leisen Kräfte, die wir spüren, wenn wir still werden.
Auf einer tieferen Ebene könnte es sogar ein soziales oder politisches Symbol sein: für all jene Stimmen, die unhörbar bleiben, für das Ungesagte, das dennoch existiert, das Unsichtbare, das unser Leben trägt.
Die Intention des Werkes scheint genau in dieser Schwebe zu liegen: Nichts festzulegen, sondern Raum zu öffnen. Raum für den Betrachter, seine eigenen Geschichten, Erinnerungen und Gefühle hineinzulegen. In diesem offenen Feld entsteht eine Beziehung zwischen Kunstwerk und Mensch, ein Resonanzraum, in dem sich jeder wiederfinden kann.
So ist dieses Bild weit mehr als Aquarell auf Papier. Es ist eine Einladung, das Unsichtbare zu hören. Eine stille Erinnerung daran, dass Schönheit oft dort entsteht, wo man sie nicht erwartet, im Flüstern, im Geheimnis, im Zwischenraum.
Und genau darin liegt seine Kraft: Wer es besitzt, trägt ein lebendiges Symbol für das Unaussprechliche bei sich, ein Bild, das nicht nur Räume schmückt, sondern Seelen berührt.