
Das Kalenderblatt zum 3. Oktober
“Im Glutlicht der verbotenen Sonne erwachten die Hüter, und mit ihnen die letzte Erinnerung an die verlorene Zeit.”
“In the glow of the forbidden sun, the Guardians awoke, and with them the last memory of the lost time.”
“En el resplandor del sol prohibido despertaron los Guardianes, y con ellos el último recuerdo del tiempo perdido.”
Acryl und Acrylpaste auf Aquarellbütten ca 15 x 21 cm
Lange lagen sie im Schweigen, gebannt von Kräften, die älter waren als Worte. Niemand hatte ihre Namen gekannt, seit Generationen waren ihre Spuren verweht im Staub des brennenden Landes. Doch als die rote Sonne den Himmel wie eine offene Wunde überzog, regte sich das Vergessene.
Die Hüter erhoben sich aus Asche und Glut, ihre Gestalten halb aus Feuer, halb aus Schatten geformt. Mit ihnen stieg ein Raunen auf, ein uralter Klang, der die Insel durchzog. Die Erde bebte, als ob sie selbst die Erinnerung nicht länger tragen könne.
Legenden sprachen von einem Tor, tief verborgen in der Glutschlucht, errichtet in einer Zeit, da die Menschen noch im Einklang mit den Sternen lebten. Ein Tor, das Welten verband und jene, die hindurchschritten, kehrten nie zurück. So war es verschlossen worden, versiegelt mit einem Schwur: Solange die Sonne leuchtet, soll das Tor schweigen.
Doch die Sonne hatte ihre Farbe gewechselt. Rot, verboten, brennend. Ein Zeichen, dass der Schwur zerbrochen war.
Die, die das Flüstern hörten, sprachen nur noch leise von den Hütern. Manche fürchteten sie als Geister der Vergeltung, andere verehrten sie als die letzten Boten der Wahrheit. Doch alle wussten: Die Zeit des Schlafs war vorüber. Etwas hatte begonnen, das nicht mehr aufzuhalten war.
Und so legte sich ein neues Schweigen über das Land, ein Schweigen, das schwerer wog als Worte, weil es die Vorahnung eines Endes in sich trug.