Kalenderblatt
1. Oktober

Kalenderblatt 1. Oktober

Das Kalenderblatt zum 1. Oktober
“Die Legende der zweiten Sonne”

“The Legend of the Second Sun”
“La Leyenda del Segundo Sol”

Acryl, Goldkarton und Acrylpaste auf Aquarellbütten ca 15 x 21 cm

Schon der Titel öffnet ein unsichtbares Tor im Kopf des Betrachters. Vor diesem Werk stehend, spürt man eine Spannung zwischen Vertrautem und Fremdem, zwischen Wärme und Gefahr, zwischen Versprechen und Geheimnis. Der goldene Kreis auf dem strukturierten Büttenpapier wirkt wie eine kosmische Sonne, doch zugleich wie ein verhülltes Auge, das alles sieht und nichts verrät. Unten lodert ein rotes, aufgewühltes Feld, ein Feuermeer aus Emotionen, das sowohl an Landschaft als auch an innere Seelenzustände erinnert.

Die Atmosphäre ist dramatisch und gleichzeitig meditativ: das Werk lädt dazu ein, in die Tiefe einzutauchen, während es den Blick immer wieder zurückstößt, weil das Leuchten der „zweiten Sonne“ nicht völlig durchschaubar ist. Hier entstehen Gefühle von Ehrfurcht, Neugier, Ergriffenheit und innerem Aufbruch. Es ist, als würde man vor einer uralten Legende stehen, die in Farbe gegossen wurde, und doch die Fragen nie beantwortet: Welche Sonne ist die wahre? Welche brennt? Welche heilt?

Symbolisch kann das Bild vieles tragen: emotional erzählt es von Sehnsucht, Überwältigung, vielleicht auch vom Mut, durch das Unbekannte zu gehen. Spirituell evoziert es das Bild einer verborgenen Dimension, einer Energiequelle jenseits des Sichtbaren. Sozial lässt sich darin der Wunsch nach einer zweiten Möglichkeit, einer neuen Welt, lesen, die Utopie, dass hinter dem Offensichtlichen noch eine andere, bessere Realität wartet. Sogar eine politische Deutung wäre möglich: die zweite Sonne als Symbol für Hoffnung, die sich gegen das alte, verbrannte System erhebt.

Dieses Werk stellt dem Betrachter drängende Fragen: „Welche zweite Sonne trägst du in dir? Wovor verschließt du die Augen? Welche Flammen in dir verlangen nach Licht statt nach Schatten?“ Es ruft dazu auf, sich den eigenen inneren Kräften zu stellen und lässt doch alles offen genug, dass jeder seine eigene Geschichte hineinlegen kann.

Die Intention, eine geheimnisvolle, poetische Erzählung in Acryl, Gold und Struktur zu bannen, wird hier voll erfüllt. Der Betrachter bleibt nicht unberührt, er wird hineingezogen in einen Dialog zwischen sich selbst und diesem goldenen, schweigenden Gestirn. Genau darin liegt die Kraft dieses Bildes, es ist kein Dekorationsstück, sondern ein Schlüssel zu einer Legende, die jeder für sich selbst weiterschreiben darf.

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